Die folgende Studie beschäftigt sich mit dem akademischen Wohlbefinden von SchülerInnen in China, die zwischen 15 und 18 Jahren alt sind und an Live-Webcast-Klassen teilnehmen. Dieses Format des Online-Unterrichts wurde bereits in den späten 90ern in vielen Schulen in Beijing eingeführt, um die (Bildungs)armut zu reduzieren und Chancengleichheit in der Bildung für alle zu fördern.
Die Forschungsfrage der WissenschaftlerInnen unterscheidet sich klar von anderen Forschungen im Bereich des Wohlbefindens von SchülerInnen, die sich vor allem mit den Faktoren, dem Umgang und dem Kontext des Wohlbefindens, also mit dem/der SchülerIn als menschliches Wesen beschäftigen. Diese Studie legt den Fokus auf die Zufriedenheit mit der Lernsituation, sie stellt also das akademische Wohlbefinden im Rahmen einer Teilnahme an synchronen Übertragungen von Unterrichtsstunden in den Vordergrund.
Dieses online Verfolgen von Einheiten aus unterschiedlichen Fächern wird am Lernort durch eine lokale Lehrperson begleitet. Es sind also zwei Klassenräume über Kilometer hinweg miteinander verbunden, während eine Lehrperson unterrichtet und dieser Inhalt live übertragen wird, unterstützt die lokale Lehrperson, die SchülerInnen und geht auf ihre Fragen ein. Ihre Aufgabe ist also nicht das ,Lehren‘, sondern das Begleiten. Das Streamen von Stunden ermöglicht es allen SchülerInnen Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung zu bekommen.
Anhand eines Fragebogens wurden 136 SchülerInnen zu ihren Erwartungen (expectation) und dem tatsächlichen Erleben (perception) der Live-Webcast-Klassen befragt. Die WissenschaftlerInnen haben festgestellt, dass im Allgemeinen eine Mehrheit der Befragten angibt, dass dieses online Format ihren Horizont erweitert, ihnen hilft fundamentales Wissen zu konsolidieren und ihnen Zugang zu fortgeschrittenen Kenntnissen erlaubt. Des Weiteren wurde die Kompetenz der Lehrperson, die online unterrichtet, als sehr hoch eingeschätzt. Ein Drittel der SchülerInnen gibt jedoch an, dass eine Verbesserung der Leistungen ausbleibt und/oder sie die Inhalte der Unterrichtsstunde aufgrund der Geschwindigkeit oder Schwierigkeit nicht verfolgen können.
Des Weiteren wurde festgestellt, dass die niedrigsten Unterschiede zwischen Wahrnehmungen und Erwartungen, also die höchste Zufriedenheit im Bereich der Unterstützung, Zuverlässigkeit und Frohmut festgestellt wurde, das heißt die SchülerInnen waren zufrieden mit der schulischen Unterstützung und der Kompetenz der Lehrperson, sie haben den Unterricht genossen und betrachten dieses Format als hilfreich für ihr Studium. Unzufrieden scheinen sie jedoch im Bereich der Reaktionsfähigkeit und Empathie zu sein, was auf unzureichende Interaktionen im Klassenzimmer und auf eine mangelnde Unterstützung und Ermutigung durch die Lehrpersonen hinweist. Insgesamt wird das allgemeine akademische Wohlbefinden jedoch als niedrig eingestuft, es gibt also große Unterschiede zwischen Erwartung und tatsächlicher Wahrnehmung.
Die WissenschaftlerInnen werfen auf, dass die Kooperation zwischen der Lehrkraft, die unterrichtet und Lehrperson vor Ort in und außerhalb der Unterrichtsstunden gestärkt werden müsste. Sie unterstreichen die zentrale Rolle der lokalen Lehrperson, die die SchülerInnen unterstützt, die Inhalte mit ihnen aufarbeitet und auf ihre Fragen antworten kann. Als mögliche Lösungen, schlagen sie vor die Unterrichtsstunden in kleinere Sequenzen zu teilen, die Inhalte gemeinsam im Voraus vorzubereiten und Differenzierung einzuplanen, indem unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei den Übungen beispielsweise eingebaut werden.
Durch die Hilfestellungen der Lehrperson vor Ort, könnten mögliche Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden und somit der Zugang zu qualitativer Bildung geebnet werden. Die sogenannte lokale Lehrperson ist für SchülerInnen mit Lernschwierigkeiten oder/und Kinder aus bildungsfernen Familien eine Voraussetzung für schulische Leistungen und das akademische Wohlbefinden.
Liu, H., Wang, M. et al. (2021) : An empirical study on students’ academic wellbeing and sustainable development in live webcast classes. In: Sustainability 2021, 13, 501. Retrieved on Monday, 25th of January 2021 from https://doi.org/10.3390/su13020501