Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts TraMiS (Transnationale Mobilität in Schulen) hat Karakaşoğlu (2020) einen Beitrag zu Inklusion und Wellbeing in Zusammenhang mit Migration und Mobilität in Winnipeg, Kanada verfasst. Auch wenn es sich um einen anderen Kontinent und somit um einen anderen Kontext handelt, und sowohl die Gesetzeslage als auch das Schulsystem verschieden sind, so kann das Beispiel der Gordon Bell High School in Winnipeg doch einige interessante Impulse liefern.
Ähnlich wie Luxemburg und viele andere europäische Länder kennt auch Kanada einen relativ hohen Migrationsfluss. So stammen laut einer Statistik 2016 beispielsweise in der Stadt Winnipeg 55,6% der Einwohner aus der 3. Einwanderungsgeneration, weitere 12,2% sind Indigene/First Nations. Diese Diversität ist Teil der Staatspolitik und beeinflusst somit auch das Schulsystem. Somit wurde die Stärkung der ethnischen Identität im Curriculum, dem nationalen Lehrplan festgeschrieben. Diese Politik des Multikulturalismus setzt sich als Ziel eine Bildung für alle zu schaffen und somit den Bildungserfolg aller SchülerInnen zu unterstützen.
Hier kann Gordon Bell High School in Bezug auf Inklusion und Diversität als Beispiel dienen. Betont werden muss, dass es sich um ein globales Konzept handelt, das den Schulerfolg, aber auch das Wellbeing aller SchülerInnen als Ziel hat. Dem Schulleiter ist es wichtig, dass alle sich in der Schule zuhause fühlen und somit alle Rahmenbedingungen für einen Bildungserfolg gegeben werden können. Die Aufmerksamkeit liegt vor allem auf ihrer körperlichen und mentalen Gesundheit (Karakaşoğlu, 2020, 18ff). Um dies gewährleisten zu können, sollen sowohl individuelle wie auch kulturelle Bedürfnisse bzw. Bedarfe wertgeschätzt werden. Es handelt sich also nicht um vereinzelte Kurse, die das Wellbeing der SchülerInnen als Ziel haben, sondern um ein Gesamtkonzept, das auf mehreren Ebenen das Wohlbefinden aller visiert. Zum einen wird durch die Gestaltung der Schule ein vertrauensvolles Lernklima geschaffen: die Lernräume sehen aus wie Wohnzimmer, überall sieht man Plakate, eine Pinnwand mit dem Leitbild und bunte Aushänge, die über die verschiedenen Angebote in sowie nach der Schule informieren. Zum anderen werden die unterschiedlichen Sprachen der SchülerInnen in den Lehrplan eingebaut. Somit werden die SchülerInnen mitsamt ihrer Identität (Kultur, Sprache, …) in der Schule willkommen geheißen. Des Weiteren wird eine Kooperation mit unterschiedlichen Vereinen, aber auch eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern angestrebt. Auch intern steht die Kooperation mit multiprofessionellen Teams, also die Zusammenarbeit von Personen mit unterschiedlicher Berufsausbildung/mit Fachleuten im Vordergrund.
Insgesamt kann man aus dem Arbeitspapier von Karakaşoğlu herauslesen, dass die Wertschätzung jeder einzelnen Person für die Gordon Bell High School im Vordergrund steht. Sie wollen durch unterschiedliche Angebote (Zusammenarbeit mit Vereinen, außerschulische Aktivitäten, …), das Einbeziehen der Bedürfnisse und der Identität der SchülerInnen sowie durch die Gestaltung der Räume ein Lernklima schaffen, das es allen SchülerInnen ermöglicht, entgegen unterschiedlicher Bildungsvoraussetzungen, eine inklusive Bildung zu erhalten und eine erfolgreiche Schullaufbahn zu erleben. Solche Gesamtkonzepte, die das Wohlbefinden der SchülerInnen auf mehreren Ebenen anstreben, findet man auch in Luxemburg.
Karakasoglu, Yasemin: Winnipeg – Inklusion und Wellbeing als zentrale Bausteine für Bildung im Kontext von Multikulturalität, Migration und Mobilität.
Bremen : Universität, Fachbereich 12. Arbeitsbereich Interkulturelle Bildung 2020, 29 S. – (TraMiS-Arbeitspapier; 8) – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-215421 – DOI: 10.26092/elib/370
https://www.pedocs.de/volltexte/2021/21542/pdf/Karakasoglu_2020_Winnipeg_Inklusion_und_Wellbeing.pdf