Culture scolaire

Wohlbefinden von LehrerInnen: Die Bedeutung von LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehungen

Kontext

Es gibt zahlreiche Studien über die Bedeutung von Beziehungen zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen und über den Einfluss, der diese Beziehungen auf das Well-Being der SchülerInnen hat. Dass diese Beziehungen sich auch auf das Wohlbefinden der Lehrerschaft auswirken können, wurde bislang noch wenig in Studien erforscht. Die vorliegende Studie betrachtet diese Bedeutung ausgehend vom Transaktionsmodell für Stress und Bewältigung von Lazarus (1991). Auf der Grundlage eines Literatur- und Theorienüberblicks über zwischenmenschliche Beziehungen wird untersucht, inwiefern LehrerInnen ein grundlegendes Bedürfnis nach Beziehung zu den SchülerInnen in ihrer Klasse haben und welche Auswirkungen dies auf ihr eigenes Wohlbefinden haben kann.

Studie

Die folgende Studie verfolgt das Ziel, anhand einer Literaturübersicht die Auswirkungen der LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehungen auf das Wohlbefinden der LehrerInnen zu untersuchen. Zusätzlich wird ein hypothetisches Modell erstellt, das die Schlüsselkonzepte und die Wechselbeziehungen zwischen diesen Konzepten beschreibt, um zukünftige Forschungen anzuleiten.

Resultate

Die Studie ist in 5 Bereiche unterteilt, in der unterschiedliche Aspekte und Theorien beleuchtet werden. Zum einen verweisen die AutorInnen auf das Transaktionsmodell für Stress und Bewältigung von Lazarus (1991), das als organisatorischer Rahmen skizziert wird. Diesem Modell zufolge hängt die Reaktion auf Stress einer Person davon ab, wie die Stress-Situation subjektiv interpretiert und gewertet wird. Des Weiteren wird in der Studie der Impakt der LehrerIn-SchülerIn-Beziehung auf LehrerInnen-Wohlbefinden beleuchtet. Dabei stellt sich unter anderem heraus, dass die größte Quelle an Motivation und Freude am Beruf auf diese Beziehungen zurückzuführen ist; sie befriedigen ein Grundbedürfnis nach Verbundenheit. Gesunde und positive Beziehungen zu Kindern sind laut den AutorInnen eine Voraussetzung für effektiven Unterricht, da die Lehrkräfte auf diese Weise das Verhalten und die Lerneinstellung der Kinder fördern und leiten können. Gleichermaßen verfügen negative Verhältnisse zwischen Schüler- und Lehrerschaft über das Potenzial das professionelle als auch das persönliche Wohlbefinden der LehrerInnen negativ zu beeinflussen. Weiterhin präsentieren die AutorInnen die These, dass Lehrpersonen bestimmte verinnerlichte Beziehungsrepräsentationen besitzen, die ihre Emotionen im alltäglichen Umgang mit den SchülerInnen beeinflussen und sich somit auch auf ihr Wohlbefinden auswirken. Laut Split et al. verinnerlichen Lehrkräfte zwischenmenschliche Erfahrungen mit SchülerInnen in repräsentative Modelle der LehrerIn-SchülerIn-Beziehung; die berufliche und persönliche Identität von LehrerInnen sind eng miteinander verbunden und werden durch die Beziehungen zu einzelnen SchülerInnen stets geprägt. SchülerInnenverhalten wird außerdem sehr unterschiedlich von Lehrkräften wahrgenommen; was für die einen als Störverhalten gilt und zu erhöhtem Stress führt, ist für andere möglicherweise überhaupt nicht mit Stress verbunden, was wiederum den hochgradig individuellen und dyadischen Charakter von Stresserleben hervorhebt. Schlussendlich weisen die AutorInnen darauf hin, dass es an experimenteller Recherche über das Wohlbefinden der Lehrerschaft fehlt, um noch tiefgründigere Resultate zu liefern.

Teacher Wellbeing: The Importance of Teacher–Student Relationships
Jantine L. Split, Helma M. Y. Koomen & Jochem T. Thijs (2011)
Educ Psychol Rev (2011) 23:457–477 DOI 10.1007/s10648-011-9170-y Published online: 12 July 2011
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